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8. GRAND PRIX SUISSE LATEINAMERIKANISCHE TÄNZE IN BERN 07.09.04
Tanzen, bis die Füsse glühen
Funkelnde Strasssteine, flinke Füsse, flirtende Blicke: In Bern fand der GP Suisse in den lateinamerikanischen Tänzen statt. Auf dem Parkett der Sporthalle Wankdorf wurde die Kunst des Tanzens zelebriert.

Mit dem ersten Takt Musik pulsiert Leben durch die Tänzerinnen und Tänzer, die sich zuvor in Pose geworfen haben. Mit Präzision wird gedreht, gewendet, stampfen die Füsse den Rhythmus, schwingen sich Hüften und kreuzen sich Blicke – miteinander, gegeneinander, aber stets im Dialog, ein ewiges Wechselspiel zwischen dem Herr und seiner Dame.

Anders als in der Freizeit, wo man(n) und frau nach Lust und Laune drauflosschwoft, herrschen auf dem Tanzparkett unter den gestrengen Augen der Richter andere Gesetze – Verführung nach Regeln. Es gilt, den Rhythmus präzise einzuhalten, die Füsse kontrolliert gleiten und stampfen zu lassen, den Körper von den Zehen bis zur kunstvollen Frisur zu spannen – Balance, Haltung, klare Linien. Doch am wichtigsten – Ausstrahlung, dieser flüchtige Geist, der die Augen des Zuschauers an ein Paar fesselt und ihn vergessen lässt, dass es noch andere Tänzer auf dem Parkett gibt.

Höchstleistungen

«Es gilt, sich so gut wie möglich zu verkaufen, denn die Richter haben pro Paar nur gerade 10 bis 20 Sekunden Zeit, um ihr Urteil zu fällen», erklärt der Turnierveranstalter Marc Burkhardt. Zufällige 20 Sekunden aus einem eineinhalb Minuten dauernden Tanz, die über das Weiterkommen oder Nichtweiterkommen entscheiden.

Jeder der insgesamt fünf lateinamerikanischen Tänze hat einen anderen Charakter mit anderen Bewegungen. Innert kürzester Zeit müssen sich die Tanzpaare auf die unterschiedlichen Stimmungen einlassen und diese interpretieren können. Eine beachtliche Leistung, wenn man bedenkt, dass ein eineinhalbminütiger Tanz einem voll gespurteten 100-Meter-Lauf entspricht.
Um diesen Tanzmarathon dennoch anmutig, sexy und leichtfüssig aussehen zu lassen, trainieren die Tänzer lange und hart. Sie sind Athleten, die Ausdauer, Koordination, Balance, Beweglichkeit und Musikalität in sich vereinen müssen. «Ein Jahr Turniertanzen kommt zehn Jahren Verheiratetsein gleich», meint Marc Burkhalter mit einem Zwinkern. Viele der Tänzer sind trotzdem oder gerade deswegen auch privat ein Paar.

«... nur noch tanzen»

Zwei, die «nur» zusammen tanzen, sind die Bernerin Karin Meier (27) und Sandro Hürzeler (27) aus Zofingen. Obwohl sie erst seit neun Monaten ein Tanzpaar sind, «stimmt die Harmonie zwischen uns sehr gut», findet Karin Meier. Sie und Sandro hätten einen ähnlichen Bewegungsstil und könnten sich so gut aufeinander abstimmen.

Das hilft ihnen sicher, denn das Training ist wegen der langen Anreisewege nicht ganz unkompliziert. «Deshalb können wir neben Job und Uni nur dreimal in der Woche trainieren», schildert Sandro Hürzeler die Situation. Eigentlich hätten sie nach diesen ersten neun Monaten seit ihrem gemeinsamen Trainingsbeginn weiter sein wollen, doch unter den erschwerten Umständen sind sie einigermassen zufrieden.
An diesem Sonntag kommt für die beiden nach zwei Runden und zehn Tänzen das Aus. Ausser Atem und erschöpft legen sie, wie alle anderen ausgeschiedenen Paare, erst mal die Beine hoch. Mehr habe nicht dringelegen, waren sie doch in der Woche zuvor noch verletzt oder krank. «Manchmal aber», denkt Karin Meier laut vor sich hin, «hilft die Müdigkeit. Man kann nicht mehr nachdenken, nur noch tanzen.»
Nach diesem 8. Grand Prix ist die nächste Station der Standard- und Lateinamerikanisch-Tänzer die Schweizer Meisterschaft vom 24. bis 26. September in Olten. Zu Livemusik von Pepe Lienhard werden die Paare einmal mehr tanzen bis die Füsse glühen.

Franziska Freiermuth

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